Donnerstag, 7. April 2016

HIMMELSWESEN

Ich bin ein Vogel und ich fliege, ich will fliegen.
Mich in die Lüfte erheben und das Leben auskosten, die Erfüllung spüren, wenn ich meine filigranen, doch kräftigen Flügel ausbreite, den Wind unter ihnen fühle, fühle wie er mich hochtreibt in den Himmel hinauf, zum grenzenlosen Sein. Meine Federn rascheln im Windzug, er durchkämmt sie angenehm, wie meine Mutter mit ihren Fingern durch meine Haare fuhr, als ich ein kleines Kind war. Ich fühle mich wie zu Hause. Ich lasse mich treiben auf den Wolken der Höhe, schaue um mich, fühle den Wind und die Freiheit auf meiner Haut und ich weiß nicht wohin und wieso, doch ich befinde mich in den Höhen meiner Welt und meines Wesens, habe mich erhoben aus der Schlucht, an die ich vorher gebunden war und bin nun dort angekommen, wo so vieles möglich zu sein scheint. Wenn ich die Augen schließe fühle ich noch immer diese erfrischende Brise, spüre immer noch das Glück der Höhe, doch manchmal lässt meine Kraft nach und ich falle dorthin zurück, wo ich nie zurückzukehren hoffte. Ich liege dort unten, um mich herum sind Federn, die ich beim Sturz verloren habe, ausgebreitet wie ein Teppich ohne erkennbares Muster und die gerade eben noch vom Wind so liebevoll gestreichelt wurden wie von einer Mutter. Meine Flügel sind gebrochen, bluten und sind verdreht und schmerzen, obwohl sie gerade noch die Ursache für mein Glücksgefühl darstellten. Das Einzige, was geblieben ist von der Höhe ist eine Erinnerung, die ich in meinem zitternden Wesen festhalte, bei der meine Gedanken verweilen und die dort unten meine Hoffnung und meine Trauer gleichzeitig ist. Ich kann mich beinah von oben sehen, wie ich dort liege im Schatten, verletzt, beschämt von meinem Fall und klein, wo ich doch eben noch so groß gewesen bin. Woher kommt dieser Wandel, wieso bin ich gefallen, wo der Wind doch vorher so ein zuverlässiger Freund und Beschützer für mich war? Eben schwebte ich doch noch und nun liege ich hier, meine Augen schauen unablässig in den weit entfernten Spalt von blauem Himmel, der sich weit über mir, wie zum Spott, ausbreitet und meine Sehnsucht und mein Scheitern gleichzeitig verkörpert. Ich hasse ihn, wie er dort oben verlockend blitzt, während hier unten alles nur dunkel ist und er meine einzige quälende Lichtquelle ist. Ich wollte hier nicht landen, ich wollte das niemals, ich wollte einfach nur fliegen, das war mein einziger Wunsch und nicht einmal den konntest du mir erfüllen.
Bitte, ich will wieder hinauf in den blauen Himmel.

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